Worum geht es beim Para-Trap?
Para-Trap ist eine Disziplin des sportlichen Flintenschießens. Sie gehört aktuell noch nicht zum Programm der Paralympics, doch dies könnte sich mittelfristig noch ändern. Wie beim „normalen“ Trapschießen werden hierbei Wurfscheiben beschossen. Eine Sportlerin, die diese Sportart auf hohem Niveau ausübt, ist Jennifer Kelle.
Frau Kelle, bitte stellen Sie sich kurz vor.
Ich bin 36 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern und verheiratet. Neben dem Schießsport bin ich seit 2016 leidenschaftliche Jägerin.
Wie sind Sie zum Flintenschießen gekommen?
Durch meinen Vater, der auch Jäger und Sportschütze ist, schieße ich seit meinem 18. Lebensjahr Flinte. Mein Vater begleitet mich noch heute – so wie jetzt zur WM. Mein Ehemann Cord Kelle, der ebenso Sportschütze und Jäger ist, motivierte mich auch, ab 2016 an den ersten Wettkämpfen teilzunehmen. Wir reisten durch Deutschland und nach Luxemburg sowie nach Italien zu verschiedenen Turnieren. Dadurch habe ich mich 2018 das erste Mal zur Deutschen Meisterschaft qualifiziert und habe dort das Finale der besten sechs Damen erreicht und Bronze gewonnen – und das alles in dem Jahr, als mich meine Erkrankung zuvor an meine körperlichen Grenzen gebracht hatte.
Worin liegt der besondere Reiz des Flintenschießens?
Beim Flintenschießen, insbesondere beim olympischen Trap, hat man verschiedene Richtungen, verschiedene Höhen und Winkel, in denen die Wurfscheiben bis zu 77 m weit geworfen werden. Das macht es spannend, da man spontan und konzentriert das Ziel erkennen und dabei ruhig bleiben muss, um dann das Ziel zu verfolgen, einzuholen und kaputtzuschießen.
Wie hilft Ihnen der Sport?
Der Sport hat mich im Jahr 2018, welches gesundheitlich wirklich sehr schlecht war, vor einem emotionalen Loch bewahrt und mir gezeigt, dass mein Körper und ich zu vielem in der Lage sind, was in manch anderen Momenten so fern zu sein scheint, wenn es gesundheitlich schlecht läuft.
Wie gehen Sie mit der Anspannung vor einem Wettkampf um?
Anspannung ist vor jedem Wettkampf vorhanden, die gehört auch für mich einfach dazu. Wenn die erste Wurfscheibe im Wettkampf sauber getroffen ist und ich mich gut fühle, fällt die Anspannung ab und ich genieße die Teilnahme und konzentriere mich jede Scheibe für Scheibe neu. Ein Wettkampf umfasst fünf Serien à 25 Wurfscheiben, die sich über zwei Tage verteilen. Dann folgt für die besten sechs ein Finale über 50 Scheiben.
Welche Höhepunkte gab es im Rahmen der Veranstaltung in Granada?
Am ersten Wettkampftag mit 75 Scheiben war ich sehr aufgeregt und die Anspannung fiel nicht so recht ab. Dazu war es sehr windig, was das Führen der Flinte vor und während der eigentlichen Bewegung für mich erschwerte. Meine Lähmungen im linken Arm und Körperhälfte und die dadurch fehlende Kraft konnten die rechte Seite nicht beim Arbeiten gegen den Wind unterstützen. Wir schießen im Freien und sind über die jeweils 25 Minuten Sonne, Regen und Wind ausgesetzt. Ich hätte lieber noch mehr Sonne und dafür weniger Wind gehabt. Ab dem zweiten Wettkampftag ging es dann besser, aber das Finale habe ich leider nicht erreicht und Platz 14 belegt. Ich habe während der paar Tage viele tolle Menschen aus aller Welt kennengelernt und nehme im mentalen Bereich viel Neues mit, an dem ich arbeiten will. Besonders schön war, dass auch meine beiden Kinder und mein Mann mitgereist sind. Das war mir sehr wichtig.
Welche sportlichen Ziele möchten Sie als nächstes erreichen?
Mitte Juni folgt die Landesmeisterschaft des niedersächsischen Sportschützenverbandes, die ich in meiner Klasse gewinnen möchte. Ende August folgt dann die Deutsche Meisterschaft. Hier möchte ich ins Finale kommen. Diese Meisterschaften sind nicht-para. Im Para-Bereich habe ich eine Einladung zum Grand Prix in Brünn/Tschechien im August.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Eine friedliche Welt ohne Krieg! Glückliche Kinder. Gesundheit natürlich. Familienglück. Und dass ich noch lange diesen Sport so wie jetzt ausüben kann.